Samstag, 24. August 2013

Ein kleiner Manikürealmanach für Vintagequeens - Die 30er Jahre

Nachdem es nun schon einige Jahre Nagellack gibt, wird 1930 durch die Gena Labratories schließlich auch der Nagellackentferner erfolgreich in den Markt eingeführt. Ohne deckende Lacke braucht es nun nicht unbedingt Nagellackentferner. Die damaligen Lacke sind nach wenigen Tagen bereits wieder abgeblättert. Mögliche Reste hat man einfach abgekratzt, allerdings werden immer mehr unterschiedliche rosa-, pink- und Rotschattierungen eingeführt, so dass "Frau" ein regelmäßiger Wechsel, üblicherweise passend zur Kleidung, erleichtert wurde.

Im Jahre 1932 sollte sich eine weitere wichtige Entwicklung hin zu unserer heutigen Maniküre tun. Ausgerechnet ein Frauen verachtender Macho, Charles Revson nämlich, entwickelte zusammen mit dem Chemiker Carles Lachman deckenden Nagellack und vermarktete ihn unter dem Markennamen Revlon. Die ersten deckenden Nagellacke waren in rosa-, pink- und Rottönen und lackiert wurde immer noch mit der Moon Manicure, bei der Nagelmond und Nagelspitze ausgespart wurden. Da aber viele Frauen keine, oder zumindest keine regelmäßigen Nagelmonde haben und auch die Nagelspitze nicht immer perlweiß ist, was bei deckenden Lacken mehr auffällt,  wurde nun auch der gesamte Nagel lackiert um diese Schönheitsmängel zu kaschieren (und weil es zugegebenermaßen schneller geht). Modern und als gepflegt galt aber einzig und allein die Moon Manicure. Entgegen einiger Behauptungen die man Online so finden kann, ist ein fehlender Nagelmond kein Anzeichen für eine furchtbar schlimme Erkrankung, sondern einfach nur ein Indiz dafür, dass euer Naglemond komplett von der Nagelwurzelhaut verdeckt ist. Der Nagelmond ist nichts anderes als die manchmal sichtbare Teil der Wachstumsstelle des Nagels. Es ist vielmehr evolutorisch bedingt, dass die Nagelmonde immer mehr unter der Nagelbetthaut verschwinden, also ein kleiner Schritt in der Weiterentwicklung der Menschheit. Das hat mir übrigens ein Hautarzt erklärt, hat also durchaus Hand und Fuß. (^.^) Aber nun zurück zu den Fingernägeln der 30er Jahre oder besser: zur Maniküre. (^.^)

Die Nägel wurden weiterhin mandelförmig gefeilt, wie bereits in den 20er Jahren und auch in den 30er Jahren hat man die Moon Manicure freihändig aufgetragen, glücklicherweise jedoch können wir uns anderweitig behelfen:


Der Nagelmond wird mit einem Lochverstärker abgeklebt, die Nagelspitze wird mit einer handelsüblichen French-Manicure-Schablone abgeklebt. Nun kommt zunächst eine Schicht Klarlack, quasi zum Abdichten, damit vom Farblack nichts unter die Schablonen läuft, auf den Nagel, die jetzt erstmal durchtrocknen muss. Darauf folgt nun der Nagellack der Wahl, der ebenfalls vollkommen durchtrocknen muss, bevor die Schablonen wieder abgezogen werden. Darüber kommt, zum Schutz des Kunstwerks noch eine Schicht Überlack. Jetzt wird noch die Nagelspitze mit dem Nagelweißstift eingefärbt und fertig ist das Fingernagelkunstwerk. (^.^)


Durch die Entwicklung von Charles Revson und Charles Lachman, die anstelle von Farbstoffen die damals neu entdeckten Pigmente verwendeten, eröffnete sich ein völlig neues Farbspektrum für Nagellacke, das sich in der 30er-Jahre-Maniküre-Mode auch entsprechend niederschlug:
Die zurückhaltendste Lackvariante waren zarte Rosétöne, wer es etwas kräftiger mochte griff zu Pinktönen; beide Lackfarben galten als alltagstauglich. Alles andere als zurückhaltend, dafür aber sehr modern und ebenfalls als alltagstauglich eingestuft, waren Nagellacke in smaragdgrün und konrblumenblau.
Die Nagellackmodefarben der 30er Jahre für den Alltag
Selbstverständlich gab es auch alle möglichen Rotschattierungen, hier galt jedoch der Grundsatz "no reds in business", d.h. rot lackierte Nägel waren Ausgehnägel, keine Alltagsnägel. Gleiches galt für Silber und Gold, zwei weitere Nagellackfarben, die in den 30er Jahren sehr beliebt waren. Zeitweise war auch schwarzer Nagellack sehr modern.
Die Nagellackmodefarben der 30er Jahre für besondere Anlässe
Einige Farbbeispiele für Nagellack aus der zeitgenössischen Werbung
Nachdem Charles Revson an seiner Frau (die wie vielte es war, entzieht sich meiner Kenntnis) Ende der 30er Jahre zum Ausgehen einen Nagellack sah, der sich ganz gruselig mit ihrem Lippenstift biss, erfand er den Slogan der "Matching Lips an Fingertips", der bald zum Modedogma werden sollte, das sich über Jahrzehnte hielt: Der Nagellack passt zum Lippenstift, punktum; bald sollte es zu jedem Lack in Rosa-, Pink- und Rottönen auch den passenden Lippenstift geben, nur die bunten Lacke waren eine Ausnahme, allerdings sollten auch hier die Nagellack- und Make-up-Farben zueinander, zur Haar-, Augen- und Hautfarbe sowie zur gewählten Garderobe passen. Die Zeiten des unabhängigen Mixens waren erstmal vorbei. (^.^) Das gehört aber schon mehr in die 40er, obschon die Idee noch in den 30ern geboren wurde.
Fußnägel lackieren wird in den 30ern zum Modethema
Das galt auch für die Füßnägel, die laut einer Cutex-Werbung ab 1932 erstmals lackiert wurden. Die Sport- und damit auch Bademode, sowie das allgemein neue Körpergefühl, das sich bereits in den 20ern herausbildete und ab den 30ern breitenwirksam war, machte es möglich, bzw. erforderlich auch die Fußnägel zu pflegen und passend zu den Fingernägeln zu lackieren.

Was es übrigens nicht gab, war weißer Nagellack um Nagelspitzen und Mond in einheitliches Weiß zu tönen - vermutlich deshalb, weil freihändig gemalt wurde und man mit einer weißen Unterlackschicht nicht mehr exakt sehen kann, wo man langlackiert. Technisch möglich wäre es auf jeden Fall gewesen... Nun ja... Wer keinen sichtbaren Nagelmond hatte, hat einfach ein adäquates Stück Nagelbett nicht farbig lackiert. Wer heute gerne zur Nachhelfvariante greifen möchte, dem sei Nagellack für French-Manicure-Spitzen ans Herz gelegt, der idealerweise einen möglichst natürlichen Ton hat, also nicht reinweiß ist, dann sieht es auch am passendsten aus. Ich persönlich, obwohl ohne sichtbaren Nagelmond ausgestattet (außer an meinen Daumen), lackiere meistens lieber authentisch, nicht weil ich so ein riesiger Authentiker bin, sondern weils schneller geht. Der weiße Lack muss nämlich wirklich absolut trocken sein, bevor weiterlackiert werden kann. Wenn ich mich dazu mal hinreißen lasse, lackiere ich am Vorabend weiß und arbeite mit der Moon Manicure erst am nächsten Tag weiter. Ihr versteht hoffentlich, warum mir das in aller Regel zu viel Aufwand ist, für etwas, das noch nicht mal original ist. (^.^)

Im Jahre 1937 tut sich noch etwas weiteres entscheidendes: Harriet Fligenbaum lässt sich künstliche Nagelspitzen zur Reperatur und Verlängerung von Naturnägeln patentieren. Die Rettung also, für Frauen wie mich, die a) tollpatschig sind und gerne mal irgendwo hängen bleiben oder sich stoßen und  b) nicht gerade die stabilsten Nägel der Welt besitzen. (^.^)

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